Nils Oskamp | Hardcover 19,99€ | 114 Seiten | Panini Verlag | In mein Regal!
Nils wächst in den Achtzigerjahren in Dortmund-Dorstfeld auf. Weil er sich nicht seinen Mitschülern anschließt, die behaupten, der Holocaust sei eine einzige Lüge gewesen, stellen sie sich gegen ihn. Als Schüler kämpft er um sein Überleben, ohne dabei selbst zum Täter zu werden. Die Neonazis, in deren Visier er als Jugendlicher geriet, waren von den Kameraden geworben worden und machen mit dem rechtsextremen Terror, den sie verbreiten, heute noch Schlagzeilen.
Eine beeindruckende und erschreckende Wahrheit über unsere Welt.
Jeder, der die achte Klasse hinter sich gebracht hat, wurde schon einmal an das Thema herangeführt. Vielleicht auch schon früher. Ein paar Schattenseiten des zweiten Weltkrieges reichen bis heute in einige Teile unseres Planeten. Ein einfacher Gruß. Eine Geste. Worte, welche nun jedoch verboten sind. Trotzdem lassen sich solche Verhaltensweisen immer wieder finden und gerade in den achtziger Jahren schien es beinahe auszuarten. Dortmund. An einer Realschule schon werden neue Nazis rekrutiert. Doch schnell hat Nils Oskamp erkannt, was da die Runde macht. Mit "Drei Steine" erzählt er seine Geschichte und Erfahrungen mit der FAP (Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei), die 1995 verboten wurde.
Seinem Sohn erklärt er all diese Dinge, weil er die richtigen Fragen danach stellt. Die kleinen Szenen mit ihm in der Gegenwart während das Buch erstellt wird, sind ein Geschenk und ein Apell an alle Eltern, ihren Kindern gegenüber offen und ehrlich zu sein und die Aufmerksamkeit zu geben, die sie brauchen. Denn der Kontrast zu Nils' eigener Kindheit erschreckt mich nach heutigen Erziehungsansichten sehr. Leistung, Druck, sowie verschlossene Augen und Münder. Umso mehr Erleichterung bringt die Tatsache mit, dass es doch immer irgendwo ein paar gute Seelen gibt, die Hilfe geben, wenn man sie - auch mal nicht - danach fragt. Vielleicht war es schwierig für ihn, Freundschaften zu schließen, weil er sich gegen die Diskriminierungen der FAP Anhänger stellte. Aber sein Mut hat zumindest einen anderen dazu angeregt, etwas zu unternehmen und sich ihm anzuschließen. Denn wenn selbst die Polizei nicht hilft, bleiben einem kaum mehr irgendwelche Auswege, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Der leichte Grau-Blauton der Zeichnungen bringt eine gewisse Kühle mit sich, welche die Thematik unterstützt. Die Stimmung ist eisig, drückend und meist einfach nur unangenehm. Aus vielen Momenten schafft der Autor es, kleine Lichtblicke herauszuholen. So wird aus dem Hakenkreuz ein Haus gezeichnet oder Nazi-Witze im Geschichtsunterricht erzählt. Die Ansicht des Gruppenzusammenhalts und wie einzelne Personen daraus allein reagieren ist ebenfalls sehr interessant dargestellt. Im Rudel verhalten sich die FAP Anhänger wie aggressive Hyänen. Allein sind sie nur noch winselnde, jammernde Häufchen Elend. Es gibt neben dem Geschichtsfaktor also auch eine Menge über die Menschlichkeit selbst zu erfahren.
Das Thema an sich sollte endlich einmal durchgekaut sein und gar nicht mehr zur Sprache kommen. Es sind Nils Erfahrungsberichte, die einen näheren Einblick geben, wenn man selbst - und dazu sollte es auch nie kommen - noch keinen Kontakt dazu hatte. Beispiele aus dem Leben bleiben einem eher im Gedächtnis als spröde Geschichtsdaten. Und wenn krasse Gewalttaten und abschwächender Humor zusammenkommen, ist es meist noch leichter, nicht Betroffene an das Thema heranzuführen und es interessant zu machen.
Vielen lieben Dank an den Verlag!
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