Macht euch gefasst auf ein nächtliches Erlebnis, eingesperrt in einer Bibliothek, allein... Na, wer hat nicht schon einmal davon geträumt? Doch in dieser
Nacht geschehen zwischen den Regalen ganz seltsame Dinge. Geräusche,
Schatten... Und mit jeder Minute wird es unheimlicher. Was geht hier
vor? Gibt es einen weiteren Besucher zwischen all den Büchern? Sind die Geschichten dort lebendig geworden? Hier ist eine Kurzgeschichte vom lieben Henni von zuendegelesen!
Mein Blick wanderte vom Buch, welches mir schwer in den Händen lag, hinauf Richtung Uhr. Genau in diesem Moment wurde mir bewusst, dass die Lichter der Bibliothek schon längst erloschen waren und schon die Letzten das Gebäude verlassen haben müssen. Der Uhr nach zu urteilen sollte es erst 18 Uhr sein, aber es wirkte alles viel später. Ich hatte völlig die Zeit vergessen, viel zu spannend war das Buch.
Doch was sollte man in einem solchen Moment tun? Mit dem Wissen, man ist eingesperrt? Wenn man weiß, dass man nur selbst schuld daran war. Zum Lesen verstecke ich mich immer in den hinteren Regalreihen, dass ich ungestört lesen kann. Völlig in Ruhe und bis zur letzten Minute, bis die Reinigungskraft kommt und mich hinaus scheuchen muss.Es dämmerte mir, die Angestellte, sie.. sie war nicht gekommen.Ich schaute mich genau um, um irgendwen zu entdecken, lief auf den Gang und ließ meine Schritte dabei größer werden. Meine Gedanken kreisten einfach wirr und schnell durch meinen Kopf. Die Panik die sich in mir breit machte, ließ mich ins Schwitzen kommen.Was ist, wenn die Angestellte nicht jeden Tag kommt oder sie heute einfach keine Lust auf Spielchen hatte? Vielleicht wollte sie mir einfach nur einen Streich spielen, schließlich ärgerst du sie auch immer. Vielleicht ist ihr ja etwas zugestoßen? Es könnte alles sein, aber was nützt es mir, darüber zu philosophieren, ich sollte mir besser einen Ausgang suchen!Die Tür war verriegelt, das konnte ich schon daran erkennen, da das Rollo unten war. Aber um noch mal auf Nummer sicher zu gehen, drückte ich die Türklinke runter um enttäuscht feststellen zu dürfen, dass es einfach nur ein naiver Versuch war, hier raus zu kommen. Verdammt!, schrie ich auf, und bereute es im gleichen Augenblick wieder. Was, wenn jemand hier war und mir etwas Böses wollte? Ich bin viel zu leichtsinnig!Ich befand mich in einer der oberen Abteilungen bei den Jugendbüchern. Aus dem Fenster klettern kam da nicht in Frage. Die meisten hatten ein Schloss und man konnte sie nur kippen. Vor den Fenstern zur Seite der Hauptstraße hin befanden sich Gitterstäbe. Wirklich bewusst bemerkt habe ich diese erst zu diesem Zeitpunkt, vorher hatte ich nie einen Blick aus dem Fenster der Stadtbibliothek gewagt. Ich fand Fenster schon immer sehr beängstigend. Als kleines Kind hat mich mein bereits verstorbener Vater mal aus einem Fenster gehalten und gesagt, wenn ich weiter so schreie, würde er mich fallen lassen. Seit dieser Zeit habe ich große Angst vor Fenstern und Hochhäusern. Eigentlich habe ich sogar Höhenangst und Tiefenangst. Ich habe ständig das beklemmende Gefühl mir könnte der Boden unter den Füßen wegrutschen und ich falle ganz tief. Und das macht mir an manchen Tagen eine solche Angst, dass ich Stunden damit verbringe, auf dem Boden zu liegen und mich mit Büchern von dieser Angst abzulenken. Lesen ist Medizin und mein Arzt sagt immer, die beste Medizin ist immer noch erst keine nehmen zu müssen, zumindest keine synthetisch hergestellte.Mir stockte der Atem, es wurde immer schwieriger Luft zu holen. Es war so heiß..Aus der Ecke, aus der ich kam, war ein Geräusch zu hören. Ein eisiger Schauer durchzog mich und ließ mich blitzschnell leise und starr werden. Was war das? Ich fing schon an paranoid zu werden, soweit musste es komme. Eingesperrt und dann verzweifelt. Das war selten eine gute Kombination um Ruhe zu bewahren. Ich durfte nur keine Panik bekommen, es wird schon nichts gewesen sein. Doch ich hatte schon eine riesen Angst und Panik hatte ich auch schon genügend.Warum rede ich mir überhaupt noch positiv zu? Ich bin verloren, für immer!Trotzdem schlich ich instinktiv durch den großen Flur zurück um nachzusehen, was das Geräusch verursacht hatte. Ich könnte nicht mal genau sagen, ob es jetzt ein Rascheln oder eher etwas anderes war, ich konnte es nur schlecht hören. Es wäre doch ziemlich lächerlich, wenn in der Ecke jetzt jemand sitzen würde und auf mich gewartet hätte. Ich lese zu viele Thriller!Hätte mir jemand zugesehen, wie ich zögernd um die Ecke geschaut habe, hätten sich diese Personen sicher vor Lachen gekrümmt. Zu meiner Beruhigung war tatsächlich nichts in der Ecke und ich konnte kurz aufatmen. Doch irgendwie war ich das nicht. Beruhigt. Ein Geruch und weitere Geräusche machten es mir unmöglich, daran überhaupt nur zu denken!Dieser Geruch hatte etwas von einem schweren Metall an sich, verschmort würde es auch gut beschreiben. Ziemlich beißend und penetrant. Doch beim Umsehen konnte ich keinen Dampf feststellen, sodass ich daraus schloss, dass der Geruch von draußen kommen musste. Die Gedanken wurden ganz schnell auf die Geräusche fixiert. Meine Augen suchten alles in der näheren erkennbaren Umgebung ab, doch außer der Dunkelheit war nicht viel zu sehen. Ein paar glänzende Buchrücken, Schriftzüge und metallene Kanten aber mehr auch nicht. Das Mondlicht war keine sichere Quelle für Licht, schon gar nicht, wenn kein Vollmond ist.Genau! Das Licht...Der Schalter war ganz leicht zu finden, weil sich in jedem zweiten Flur einer befand. Doch jeder, den ich ausprobierte wollte partout nicht funktionieren. Meine Knie taten schon höllisch weh, da ich sie mir ständig irgendwo angestoßen hatte. Jedes mal wenn das passierte musste ich mir ein Fluchen verbeißen, da ich keine Aufmerksamkeit auf mich lenken wollte. Ich weiß ja leider immer noch nicht, was los ist. Nur ich alleine bin in der Bibliothek eingesperrt , höre Geräusche und habe einen seltsamen Geruch in der Nase. Ich bin völlig panisch und könnte selbst der Verursacher für die tropfenden Geräusche sein, so sehr schwitze ich.Als ich die Blutlache vor mir sah, wusste ich nicht, wie lange ich stehen blieb, den Mund aufriss und schreien wollte. Ich muss kreidebleich gewesen sein und den Mond eifersüchtig gemacht haben. Als sich in mir urplötzlich alles drehte und wendete. Irgendetwas stimmte mit mir nicht, meine Knochen, sie knackten und zogen.. was war los??Woher kam das Blut? Und warum tropfte es immer noch?Mein Herz hatte ein Tempo drauf, es sprang mir fast aus der Brust. Ich konnte doch kein Blut sehen und ausgerechnet dieser Anblick ließ mich durstig werden. Meine Gedanken sprangen zwischen zwei Köpfen hin und her, ich schien auseinander zu fallen. Ich verfiel einer zweiten Person und wusste nicht weshalb. Eine zweite Person.., schoss es mir durch den Kopf, ab dann erinnerte ich mir nur noch daran, wie mir schwarz vor Augen wurde und ich hinfiel, mein Blick nach oben gerichtet. Das Blut tropfte auf mich und ich sah...Mein Bewusstsein kam wieder hoch und ich konnte die Augen langsam aber schwer wieder öffnen.Mir war nicht gut und die Umgebung wirkte noch sehr verschwommen. Alles drehte sich und um mich herum nahmen die Geräusche zu.. ich hörte wie Glasscheiben zersprangen und um mich herum ein großer Tumult herrschte. Es flatterte, überall schwirrten kleine und große schwarze Wesen umher..Fledermäuse!Instinktiv schreckte ich hoch und schrie so laut ich konnte. Doch das schien nicht besonders gut gewesen zu sein, weil es sie nur noch wilder machte und sie immer mehr und mehr wurden. Mir gefiel das alles nicht. Ich wollte doch nur lesen und jetzt war ich in einem verdammten Albtraum gefangen! Womit hatte ich das verdient?Die Fledermäuse hörten sich so an, als würden sie sich unterhalten. Allmählich wurde es ruhiger und die meisten flatterten im Kreis um mich und andere hingen von der Decke. Ringsherum lagen Bücher und überall dieser metallene Blutgeruch, ich schmeckte es auch. Dieser entsetzliche Durst und meine trockene Kehle, ich musste schnell hier weg!Durch das abflauende Gewirr der Fledermäuse war es mir möglich, ein pendelndes Geräusch wahrzunehmen. Wusssssch.. Wuuuusssschhh! Wussschhhhh.. Wuussssccchh! Nein, mehrere sogar.Mein Blick folgte dem Flur abwärts, überall hingen Menschen von der Decke hinab, an den Füßen gefesselt und pendelnd. Ganz vorn war die Angestellte der Bibliothek, dann kam die Bibliothekarin und der Bibliothekar und ganz zum Schluss mein Vater. Die Leiche meines Vaters!Sofort fing ich an zu weinen, ein Kreischen zog durch die große Bibliothek und urplötzlich war Totenstille.Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet, ich sah die roten Köpfe der Leute vor mir und wie sie versuchten vergeblich um Hilfe zu schreien, doch ihre Mündern waren gestopft und sie waren geknebelt. Ihre Gesichter waren alle Blutunterlaufen und verschmiert. Die Augen traten seltsam hervor und ihre Adern zeichneten sich pulsierend auf der Haut ab. Ein Anblick, der mich zusammenzucken ließ aber auf seltsame Art und Weise auch anzog. Alle, bis auf mein Vater hingen da und hatten Angst. Sein Anblick fand ich weniger erschreckend, eher befriedigend. Er hing da, der Versager, der mir das Leben zur Hölle gemacht hat und hatte immer noch dieses dumme Gesicht, welches ich mir Jahrelang geben musste.Lange saß ich da und starrte vor mich hin, bis ich damit begann, aufzustehen. Ich richtete mich auf, fixierte die Leiche meines Vaters, allmählich ließ das Pendeln der Körper nach. Ihre Versuche um Hilfe zu rufen wurden auch immer weniger, sie sahen, dass sie keinen Ausweg hatten.Langsam und bedacht klopfte ich meine Jeans ab und stellte mich aufrecht hin. Den Rücken durchgestreckt, das Kinn leicht nach oben gerichtet. Mein Blick, er wurde so eiskalt, ich konnte es ihnen förmlich ansehen.Mein Herz hatte aufgehört zu rasen, es klopfte wieder normal. Ich war wieder völlig im normalen Zustand, geleitet von meinen Gedanken. Die Stille um mich herum hielt an, ich weiß schon gar nicht mehr wie lange schon. Nur ein Gefühl konnte ich absolut nicht abschalten, den Durst – den Durst nach Blut.Hinter der Leiche meines Vaters wurde es unruhig. Sie hörte auf zu pendeln und die anderen vor mir wurden zur Seite geschoben. Wie? Das konnte ich mir auch nicht erklären, sie waren urplötzlich in den Gängen verschwunden.Da hing er also, in aller Seelenruhe, ganz hinten im Gang und schwieg. Und hinter ihm kam eine sehr ansehnliche Vampirbraut auf mich zu. Mit grazilen Handbewegungen und einer verführerischen Stimme. Ihren Umhang ließ sie gekonnt über ihre Schulter fallen, bis er in einem tollen Bogen über ihr Bein fiel."Guten Abend, du liebes Kind, lass mich dir vorstellen. Mein Name ist Madame Jaci und das," sie gestikulierte um sich herum, "das sind meine Gefolgsleute."Links und Rechts neben ihr traten zwei gut gebaute Männer vor. Dunkle Haare, anziehendes Lächeln. Zähne, so scharf wie Rasierklingen. Ihre Gier war ihnen in die Augen geschrieben, doch sie galt nicht mir. Sondern den anderen noch Lebenden.Ich fragte mich für einen kleinen Moment, ob ich noch am Leben bin.Madame Jaci hatte keine Zeit zu verlieren, sie redete abrupt weiter. "Nun, liebes Kind, wie ist dein Name?" Doch ich schüttelte nur den Kopf. "Was hat das zu bedeuten?", schnellte es aus meinem Mund. Ich musste mich anstrengen interessiert zu wirken und nicht ängstlich."Ich schätze, du wirst die Antwort bereits wissen. Sie steht direkt vor dir, oder soll ich eher sagen, hängt?" Madame Jaci lachte laut und lang, dabei fand ich es nicht mal annähernd so witzig wie sie. Sie fand es zum Brüllen komisch und ich wollte eigentlich nichts damit zu tun haben. Wie gerne hätte ich ihr in diesem Moment ihr tolles Eckzähnchen abgebrochen.Mein Vater verstarb zwar erst vor einem Monat, doch ich hatte mit ihm abgeschlossen. Sein Herzinfarkt war mein Seelenfrieden. Und jetzt? Was soll das Ganze und seit wann gibt es glaubwürdige Vampire?Ihre langen Finger bedeuteten mir, näher zu kommen. Erst wollte ich mich weigern, doch dann machte ich Anstalten doch auf sie zu zukommen. Mit jedem Schritt, den ich tat, nahm ihr Lächeln zu ich hatte zu befürchten, dass ihre Wangen Risse bekommen würden.Dieser Geruch.. er war unerträglich, er ging von den Menschen aus und ich hatte wieder diesen Drang, dieses Verlangen. Egal, wie sehr ich mich wehren wollte, ich konnte es nicht abstellen. Keine einzige Sekunde lang, wäre es möglich gewesen. Nein, was tu ich?Die Angestellte pendelte auf mich zu, jemand musste sie angestoßen haben. Meine Augen verwandelten sich, ich konnte sehen, wie rotes und gelbes Licht sie verwandelt haben musste. Aus meinem Mund kamen spitze Schneidezähne und ich hackte sie direkt in ihre Halsschlagader.Was für eine Wohltat!Doch dieser Durst, dieses Gelüste nach Blut ließ nicht mehr los, ich brauchte viel mehr davon. Ich konnte nicht anders. Ich musste sie bei lebendigem Leibe aussaugen. Innerhalb weniger Sekunden stürmte ich auf die Bibliothekarin und den Bibliothekar zu um sie auszusaugen. Ich war ein Monster, ein kleines böses Monster.Als ich direkt vor ihr stand, war mir etwas unwohl im Magen. Dieses ganze Blut, aber es schmeckte so wunderbar herrlich. Nie habe ich mich besser gefühlt als jetzt. Wirklich nie.Sie beugte sich zu mir runter um mir etwas ins Ohr zu flüstern.Die Fledermäuse um uns fingen an unruhig zu werden."Happy Halloween, du kleines Monster, bis zum nächsten Jahr! HAHAHAHAHAHA!"Es gab ein paar laute Poopfs und alle Fledermäuse und Vampire flogen in die Luft, schwirrten um mich herum. Kreuz und quer, setzten die ganze Bibliothek in ein reines Chaos. Flammen kamen von den Seiten, hier drin wurde es verdächtig heiß. Glasscheiben zersprangen und alle Fledermäuse schwirrten hinaus in die Nacht und ich war gefangen, in den Flammen zwischen den Leichen, die ich getötet hatte. Selbst mein Vater, der schon tot war, würde verbrennen.
Nur ich werde auf ewig leben, denn ich bin ein Vampir.
Ich danke Henny für meine außerordentlich charmante Rolle in diesem Stück *hust*
Nennt uns verrückt, aber so sind wir eben ^-^
Hm, ziemlich gruselig und auch ergreifend, wenn man das Ende bedenkt diese Geschichte...mit dem kleinen Vampirmonster.
AntwortenLöschenDanke an Henny, für diese Geschichte..LG..Karin..
Eine tolle Kurzgeschichte von Henny ... schön geschrieben und auch ziemlich gruselig ;) Ich hatte meinen Lesespaß und bin begeistert ;) Ein Alptraum gefangen in der Bibliothek, dabei hab ich mir immer vorgestellt, dass es bestimmt klasse ist in einer Bibliothek oder einer Buchhandlung gefangen zu sein ;)
AntwortenLöschenLG Bibi